19.04.12: S wie Sonne in Santiago (bzw. wenig Nass von oben)

Gestern haben wir Santiago nicht mehr besichtigt, wir haben den Regentag komplett im Jakl verbracht – mit Essen, Schlafen, Spielen, Surfen, Schreiben und Fernsehen. Und heute morgen zeigt es sich, dass dies genau die richtige Entscheidung war: Wir sind ausgeruht und entspannt. Außerdem regnet es nicht mehr (in Strömen) und der blaue Himmel blitzt (wenn auch wirklich nicht mehr). Die Stimmung hat sich bei uns Erwachsenen deutlich gebessert und wir freuen uns alle auf die Erkundung des Endpunkts des „Camino de Santiago“, den wir ja unsere gesamte Reise bisher immer wieder gekreuzt und auch verfolgt haben. Die Kinder freuen sich jedes Mal, wenn sie die Jakobsmuschel, das Symbol des berühmten Pilgerweges, sehen. „Ui, da ist ja eine Jakobspfütze!“ ruft Leopold, als er vor der imposanten Kathedrale im Boden eine eingelassene Messingmuschel mit Regenwasser entdeckt. Die Barockfassade der romanischen Kirche ist beeindruckend: Das feuchte Wetter hinterlässt seine Spuren, alles ist mit Flechten und an manchen Stellen auch mit Farnen und Moos bewachsen. Die Türme erheben sich 74 Meter hoch und irgendwie überkommt einen Ehrfurcht. Einige in Regenponchos gehüllt Pilger humpeln in die Kirche oder lassen sich stolz von uns vor dem erlangten Ziel fotografieren. Vor der nächsten Regenwolke betreten auch wir das Gotteshaus und stehen bald in der Krypta vor den Gebeinen des Heiligen Jakobs. Ich bin erstaunt über die Geduld der Kinder, Leopold zeigt sich sogar etwas interessiert. Als die Menschen endlich wieder ohne Regenschirm in die Kathedrale eintreten, begeben wir uns in die belebten Gassen: Viele Pilger und „Autopilger“, wie Klaus sie nennt, spazieren durch die Stadt. Es gibt viele kleine Souvenirläden mit allerlei Ramsch und Kitsch, aber auch nette Boutiquen und eine große Anzahl an Cafés, Bars und Restaurants. Unter einer Arkade spielt ein Gitarrenduo, die Sonne blitzt zwischen den Wolken und lässt die Pfützen endlich wieder silbern glitzern. Hier gefällt es uns sehr gut! Der Geruch, der in der Luft liegt, lässt uns die Markthallen entdecken: Jede Menge Meeresfrüchte aller Art – tot und lebendig -, Fleisch und Gemüse und Obst nebst Käse und Kuchen lassen uns das Wasser im Munde zusammenlaufen. Naja, die Schweinsnasen, -füße und –schwänze wären wohl eher was für Plato als für uns. Aber die hier bekannten Entenmuscheln und natürlich die ganzen Krebse, Krabben und tausend verschiedenen Fischsorten wären schon das ein oder andere Diner wert. Leopold will durch jede der etwa sieben kleinen Markthallen durch und auch Aurelia stellt bei jedem zweiten Stand fest: „Schau mal, die leben ja noch!“ Mittlerweile haben wir etwas die Orientierung verloren und fragen nach dem Weg zurück zur Kathedrale, von wo aus wir leicht zu Jakl mit Plato zurückkehren können. Eine dickliche Marktfrau, wie man sie für ein Bilderbuch sich nicht besser ausdenken könnte, geht sogleich einige Meter mit statt den Weg einfach nur zu beschreiben. Die Einheimischen sind wirklich sehr nett, denn das ist uns schon öfters passiert. Voll beladen mit Brot, frischem Gemüse, Lachs und hiesigem Ziegenkäse machen wir uns nach einer Stärkung mit galizischer Suppe auf zu unserem Daheim, um den Weg weiter gen Süden anzutreten. Wir geben Pontevedra ins Navi ein und hoffen, endlich vom Nordatlantikwettereinfluss loszukommen. Eine spanische Wetterkarte hat uns deutlich klar gemacht, dass in Andalusien bereits die Sonne lacht. Hoffentlich begegnen wir ihr spätestens in Portugal. Das heutige Wetter war ja schon mal ein Anfang.

Als wir bei Beluso zum Strand hinunter kurven, glauben wir, in Thailand gelandet zu sein, denn der dichte Bewuchs und der Geruch erinnern stark daran. Unten angekommen sind wir nach zwei Tagen Stadt-Stellplatz wieder mega-happy: Wir stehen direkt am Meer, am Sandstrand. Zwar nicht ganz einsam, aber seeehr akzeptabel! Die Kinder bleiben bis zur Dunkelheit auf, bauen Zwergenhäuser aus Treibgut und Pflanzen, machen mit Klaus ein Lagerfeuer, spazieren mit mir zu Nachbarstrand (der mich übrigens abermals mit seinen Rundlingen an Thailand erinnert) und haben einfach ihre größte Freude mit dem Leben als Nomaden. Plato hat dem Rüden, der hier am Strand scheinbar zu Hause ist, klar gemacht, dass er jetzt der Chef ist. Ich nenne diesen hässlichen Mischling aus Boxer, Labrador und Pitbull spontan Teo (eine Abwandlung von feo, was hässlich bedeutet). Die beiden kommen gut klar und spielen sogar. Plato verbellt wie ein wilder eine in den Wellen tanzende Boje und ist völlig verzweifelt.

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